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E12 – „Bitte lächeln…“ ON AIR vor Ort

Michel Sperlich: Hallo und herzlich willkommen bei einer neuen Folge von „ON AIR“. Ich bin Michel Sperlich von online Design. Heute sind wir im Fotostudio von Walter Lhotzky. Hallo, Walter. #00:00:20-9#

Walter Lhotzky: Grüß dich Michel. Schön, dass du da bist. #00:00:21-2#

Michel Sperlich: Ich danke dir und schön, dass du uns heute Einblicke in dein Studio gewährst. #00:00:21-2#

Walter Lhotzky: Immer gerne. #00:00:30-4#

Michel Sperlich: Walter, du bist ein gestandener Fotografenmeister mit viel praktischer Erfahrung. Wann und wo ging es bei dir mit der Fotografie los? #00:00:46-7#

Walter Lhotzky: Schon in der Jugend habe ich mich immer dafür interessiert. Dann habe ich in den 80ern das große Glück gehabt, dass ich eine Lehrstelle in einem Porträtstudio bekommen habe. Das war nicht ganz das, was ich wollte, aber es war erst einmal ganz gut. Man hat dort Menschenkenntnis erlangen können und auch erste Erfahrung. Danach ging es in ein Werksstudio von einem Haushaltsgerätehersteller in Offenbach. Den Namen wollen wir jetzt nicht nennen, den gib es sowieso nicht mehr. Da konnte ich Erfahrungen machen mit Werbe- und Industriefotografie. Das war ein großer Schritt. Dann hatte ich die Ehre, ein Studio leiten zu dürfen, für einen großen Verbrauchermarkt. Es war ein zentrales Fotostudio. Dann kam die Selbstständigkeit. #00:01:46-2#

Michel Sperlich: Das ist schon drei Wochen her, oder? #00:01:49-1#

Walter Lhotzky: Ja, etwa. Mit drei fängt es an. #00:01:53-9#

Michel Sperlich: Du machst es 30 Jahre lang. #00:01:55-3#

Walter Lhotzky: Ja, so ähnlich. #00:01:57-0#

Michel Sperlich: Beim Haushaltsgerätehersteller hast du Marketingsachen gemacht und gleichzeitig aber auch technische Fotografien. #00:02:06-5#

Walter Lhotzky: Ja. Das ging um Verpackungen. Wir haben von der Grafik Layouts bekommen, komplette Dummys von Verpackungen. Das war alles mit Hand gezeichnet. Die waren schon fertig, aber noch nicht fotografiert. Nach diesen Angaben haben wir fotografiert und mit der Grafik abgesprochen, ob das hereinpasst, mit Großformat. Das hat eine eigene Entwicklung gehabt. Ich fotografierte auch die Produktion, die Produktionshallen, die Leute, die produzieren. Es gab wirklich alles. Da waren sogar Luftbildaufnahmen dabei. Das ging damals ohne Drohne, aber mit Flugzeug. Das war auch sehr abenteuerlich, und das war in der direkten Einflugschneise von Frankfurt, nur ein bisschen tiefer. #00:02:52-1#

Michel Sperlich: Da ist auch einiges los. Die Verpackungen waren zum Beispiel dem Endverbraucher gewidmet und damit war auch ein bisschen der emotionale Anspruch gegeben. Während es zum Beispiel bei den Gebrauchsanweisungen eher die technische Fotografie war. Hast du damals schon beides gemacht? Du hast sozusagen sowohl B2C und B2B damit abgedeckt. #00:03:22-2#

Walter Lhotzky: Ja. Wir hatten eine Abteilung, die nur für die Gebrauchsanweisungen da war. Mit denen wurde es genau abgesponnen. Da war der eine nur für Staubsauger, der andere für andere Haushalts- beziehungsweise Küchengeräte zuständig. Es wurde damals noch schön in schwarz-weiß fotografiert. Wir reden von den 80ern, nicht von den 50ern. Die Bilder wurden noch per Hand retuschiert. Da wurden noch die Fingernägel nachträglich lackiert, allerdings nicht digital, sondern mit Airbrush oder Ähnlichem. Die Schwarzweißbilder wurden in ein Retuschen-Studio weitergegeben. Du hast mit Leuten zu tun gehabt, die Berufe hatten, von denen du am Anfang gar nicht wusstest, dass es das gibt. Heute gibt es das auch nicht mehr. #00:04:10-2#

Michel Sperlich: Das stimmt. Da hat sich von früher zu heute ganz viel verändert. Früher war auch die handwerkliche Tätigkeit und das Wissen das A und O. Heute, im digitalen Zeitalter, wird dir von der Technik viel abgenommen. Aber deine Erfahrung fließt sicher auch heute noch in deine Jobs ein. Inwieweit hilft dieser Background in der täglichen Arbeit, und wie profitieren jetzt auch deine Kunden heute noch davon? #00:04:36-7#

Walter Lhotzky: Absolut, dadurch, dass ich es gelernt hatte, erst in der Lehre, dann mit der Meisterschule mit Abschluss des Meisters, habe ich natürlich Erfahrungen machen dürfen in Chemie, in Optik oder in Physik. Das ist heute noch wichtig. Auch in der digitalen Bildbearbeitung. Der Aufbau einer Filmschicht blau, grün, rot oder mit anderen Farben ist fast dasselbe wie in dem Fotosensor. Wenn man jetzt zum Beispiel eine Farbkorrektur am Rechner macht, ist es genauso wie früher am Vergrößerungsgerät, wenn du jede Magenta-Cyan hereingedreht hast, nur dass du die Ergebnisse heute etwas schneller hast. Es gilt auch für die Optik. Dass du weißt, welche Objektive du wofür nehmen oder nicht nehmen musst. Das ist auch eine ganz wichtige Geschichte. Aber letztendlich, du wirst es nachher auch sehen, hat sich manches gar nicht besonders geändert. Es kommt immer noch darauf an, richtig zu beleuchten. Mit der Belichtung kann man ein bisschen mehr spielen, weil die Sensoren und so weiter viel mehr Möglichkeiten bieten als ein Film. Wenn ein Dia unterbelichtet war, dann war es unterbelichtet und es war Müll. #00:06:04-4#

Michel Sperlich: Heute kannst du aus den digitalen Daten noch etwas herauskitzeln. #00:06:07-4#

Walter Lhotzky: Genau, aber die Beleuchtung und welche Lichtakzente man wo setzt und so weiter, und auch die Motivwahl und wie man einen Ausschnitt wählt, das ist eigentlich noch genauso wie damals. #00:06:17-5#

Michel Sperlich: Jetzt bist du aber auch schon seit vielen Jahren digital unterwegs, und du hast auch ein mobiles Studio im Auto, machst also Fotos auch direkt beim Kunden. Was bringst du mit, und was kannst du vor Ort aufnehmen? #00:06:33-0#

Walter Lhotzky: Eigentlich fast alles, was ich auch im Studio fotografiere, nur natürlich etwas eingeschränkter, weil man nicht immer alle Lampen mitnehmen kann. Oder einen Raum komplett abzudunkeln, sodass nur das fotografische Licht eine Wirkung hat, ist auch nicht immer möglich. Aber bei manchen Sachen ist es ein Muss. Wenn eine Maschine fotografiert werden soll, die am anderen Tag zum Beispiel nach China verschickt wird, dann muss das an dem Tag in dem Raum laufen. Dann muss ich alle Lampen mitbringen, und da ist manchmal das Auto sehr voll. Der Aufbau allein des Lichts und so weiter dauert Stunden, bis man zum Fotografieren kommt. Es gibt auch einfachere Sachen bei Musterungen von Produkten oder bei Objekten, die nicht aus dem Haus sollen, aber trotzdem gescheit fotografiert werden sollen. Da kann man das alles auch dort aufbauen und in Serie durch fotografieren. Ich würde zum Beispiel niemals eine vernünftige Flaschenaufnahme oder in ein Weinstillleben vor Ort machen. Es sei denn, es ist gewünscht. Aber um in aller Ruhe richtig zu beleuchten, brauche ich meine Ruhe. Meistens mache ich diese Arbeiten allein, und es ist auch besser so. #00:08:10-6#

Michel Sperlich: Das glaube ich. Du hast auch viele Sachen, wenn du Gebäude fotografierst. Die kannst du auch nicht ins Studium bringen. #00:08:20-5#

Walter Lhotzky: Das ist wieder eine ganz andere Sache. #00:08:22-0#

Michel Sperlich: Oder du hast verschiedene Firmenbegehungen, gemacht. Ich kann mich da an einen Ziegelbauer unseres Vertrauens erinnern. Da hast du natürlich auch die Örtlichkeiten fotografiert, wie die Mitarbeiter, Produktionsabläufe bis hin zu Panoramaaufnahmen oder interaktive Touren. #00:08:46-7#

Walter Lhotzky: Bei den Firmenporträts lege ich Wert darauf, die Bilder nicht tot zu blitzen, sondern die Eigenart der Räumlichkeiten oder die Stimmung, was auch für Hotels und so weiter gilt, mit meinem vorhandenen Licht zu unterstützen. Man kann einen Raum hell machen, man kann aber auch schön stimmungsvoll beleuchten. Das ist immer so eine Sache. Die Panoramaaufnahmen sind sehr interessant für temporäre Dinge, wie zum Beispiel in Museen. Wenn eine Sonderausstellung ist, dann kann man diese Sonderausstellung wirklich räumlich erhalten. Man kann darin wandern, man kann auch Videos und Bilder und Texte und Ton einführen oder dazuführen. Auch für die Gastronomie, um zum Beispiel Hotelzimmer zu zeigen, ist das eine feine Sache. Da muss man alles mitbringen, was man braucht. #00:09:45-7#

Michel Sperlich: Hier im Studio hast du noch ganz andere Möglichkeiten. Lass uns heruntergehen und schauen, was du hier alles zaubern kannst. #00:09:54-4#

Walter Lhotzky: Gerne. Dann gehen wir an die Arbeit. Zuerst zeige ich dir ein Studioeinblick. Hier kannst du vom Büro direkt senkrecht ins Studio schauen. Das ist wichtig für Sachen, die senkrecht fotografiert werden sollen, wie gelegte Ware oder Heimtextilien, Teppiche oder was auch immer in der Art. Ich habe auch schon Porträts hier gemacht. Da haben wir eine 15-köpfige Belegschaft unter das Loch gestellt. Die haben alle hochgeschaut. Das war ein lustiges Bild. #00:10:27-8#

Michel Sperlich: Das ist für Produkte, wo du keine perspektivische Verzerrung brauchst, sondern sie von oben fotografierst. Du hast hier auch noch an Höhe gewonnen. #00:10:39-0#

Walter Lhotzky: Richtig. Das von einer Leiter mit einem Stativ zu machen, ist eine ziemlich wackelige Angelegenheit. Das haben wir bei dem Neubau damals gleich mitgedacht. Die Bauarbeiter haben blöd geschaut, weil die nicht wussten, was das soll. #00:10:53-9#

Michel Sperlich: Das ist mit Sicherheit eine praktische Sache. #00:10:57-1#

Walter Lhotzky: Ja, das habe ich oft genutzt. Ein lieber Kunde hat mir den Deckel aus Edelstahl sogar gefertigt, als er das Loch gesehen hat. Er sagte: „Herr Lotzki, da müssen wir etwas Gescheites hinmachen.“ #00:11:07-8#

Michel Sperlich: Das sieht sehr gut aus. #00:11:10-5#

Walter Lhotzky: Hier geht es herunter. #00:11:15-0#

Michel Sperlich: Dann gehen wir herunter. Geh vor. #00:11:16-1#

Walter Lhotzky: Dann folge mir. #00:11:17-3#

Michel Sperlich: Das ist schön kühl hier unten. #00:11:40-3#

Walter Lhotzky: Das ist eine natürliche Klimaanlage. Weil es im Kellergeschoss direkt an einen Felsen gebaut ist, ist das immer sehr kühl, allerdings auch im Winter. #00:11:53-5#

Michel Sperlich: Gut, aber du machst manchmal auch Food-Sachen. #00:12:01-4#

Walter Lhotzky: Da ist das von Vorteil. #00:12:02-9#

Michel Sperlich: Das ist von Vorteil, wenn die Sachen frisch bleiben und sich nicht erwärmen. #00:12:08-7#

Walter Lhotzky: Ganz und das Bier bleibt auch schön kalt. #00:12:11-4#

Michel Sperlich: Bier ist ein gutes Stichwort, aber wie ich hier sehe, bist du dem Analogen immer treu geblieben. Hier gibt es zum Beispiel einen Schallplattenspieler. #00:12:21-8#

Walter Lhotzky: Bei der Arbeit brauche ich Musik, und wenn es ein bisschen knistert, macht es das noch ein bisschen wärmer. #00:12:27-8#

Michel Sperlich: Was haben wir denn hier? Jede Menge Stative, Licht sehe ich hier. #00:12:35-1#

Walter Lhotzky: Ja. Wir haben jetzt auf LED umgerüstet, sodass ich kaum noch mit Metallogen und Blitz arbeite, sondern bei unbewegten Objekten mit LED arbeite. Dafür brauche ich nur ein Fünftel oder noch weniger an Energie. #00:12:55-2#

Michel Sperlich: Aber mit Dauerlicht? #00:12:55-2#

Walter Lhotzky: Mit Dauerlicht ja, aber wenn es nötig ist, wird auch die Blitz-Anlage wieder aufgebaut. Die ist sofort einsatzbereit. Manchmal macht man Aufnahmen mit Bewegung oder mit Leuten, und da ist es besser. #00:13:10-3#

Michel Sperlich: Du hast wirklich viel Platz hier. Was hast du alles schon aufgenommen? #00:13:15-3#

Walter Lhotzky: Frag mich lieber, was ich noch nicht aufgenommen habe. #00:13:20-5#

Michel Sperlich: Was hast du noch nicht aufgenommen? #00:13:21-8#

Walter Lhotzky: Autos, die passen hier nicht herein. Alles, was durch die Tür passt, kann ich hier fotografieren. Wir haben hier sogar schon kleine Esszimmer oder Bettszenen für die Bettwäsche fotografiert. Ein Großraumstudio war nie der Plan. Ich wollte es personell auch immer überschaubar halten. In erster Linie arbeite ich mit meiner Frau und freien Mitarbeitern für Styling. Egal, ob das Textil- oder Food-Styling ist. Dafür habe ich meine Leute, die gut arbeiten. #00:14:01-5#

Michel Sperlich: Was ist der schwierigste Job, an den du dich hier erinnern kannst, und wie hast du den gemeistert? #00:14:08-4#

Walter Lhotzky: Du wirst lachen. Das war die ein oder andere Wein- oder Getränkeflasche, auch wenn man es nicht glaubt. Wenn eine Rotwein-Flasche, die immer noch rötlich schimmern sollte, ein echtes Samtetikett hat und eine glänzende Kupferschrift, wird es schwierig. Eine Aufnahme kann man nicht für 17,50 Euro machen, weil man da für eine Weinflasche auch einen halben oder dreiviertel Tag braucht. Das kommt vor. Aber der Kunde weiß das, deswegen kommt er zu uns. Das Ergebnis zählt. #00:14:54-0#

Michel Sperlich: Was ist denn der schrägste, der kurioseste Job gewesen? #00:15:00-4#

Walter Lhotzky: Vor kurzem hat es hier im Studio geschneit. Das war das Schrägste, was ich hier erlebt habe. Wir haben für ein Pharmaunternehmen Aufnahmen mit gefrorenem Stickstoff gemacht. Der ist noch viel kälter als Kohlenstoff oder Kohlendioxid. Das ist auf die Plexiglasplatte herunter gedampft, hat die kalt gemacht, und die Luftfeuchtigkeit hat sich unterhalb festgesetzt, sodass es dann im Studium geschneit hat. #00:15:39-3#

Michel Sperlich: Du hast hier wirklich ganz viel herumstehen. Was ist das denn hier? #00:15:46-8#

Walter Lhotzky: Das hier ist zum Beispiel meine liebe gute alte Sina, P3, die umgebaut wurde mit noch feineren Trieben, damit die für die digitale Technik besser einsetzbar ist. Das ist eine Großformat-Kamera, wie sie schon seit langem existiert. #00:16:04-8#

Michel Sperlich: Aber jetzt mit digitalem Rückteil. #00:16:06-5#

Walter Lhotzky: Ja. Der Witz ist, dass ich sogar ein schwarzes Tuch und eine Mattscheibe habe. Ich kann vorher das Bild auf der Mattscheibe einstellen, dann schiebe ich das digitale Rückteil herüber, und dann wird der Verschluss gespannt wie vor 100 Jahren, und da hat sich nicht geändert seit 150 Jahren. #00:16:33-4#

Michel Sperlich: Du greifst auf die alte Technik zurück. #00:16:36-4#

Walter Lhotzky: Genau. Die Objektive musste ich auch anpassen, weil die heute schärfer sein müssen als zu früheren Zeiten. Die Aufnahmeformate sind kleiner geworden und da haben die Objektive einen ganz anderen Anspruch. Aber das haben wir schrittweise umgestellt. Seit 1997 bin ich am Digitalisieren. Wir haben relativ früh damit angefangen. Wir haben auch viel in den Sand gesetzt, weil die Firmen damals mit uns Fotografen ihre Erfahrung gemacht haben, und es war nicht immer so toll, was die uns geliefert haben. Gekostet hat es aber genug. #00:17:14-2#

Michel Sperlich: Die Anfänge waren sehr kostspielig, und die Ergebnisse ließen zu wünschen übrig, Heute haben die aber ganz schön nachgezogen. #00:17:26-4#

Walter Lhotzky: Absolut. Ich will es auch nicht mehr missen. Ich vermisse die Chemie nicht mehr. Ich vermisse die mechanischen Kameras, ich vermisse das Auslösegeräusch der Hasselblad. Allerdings kann ich mein digitales Rückteil auch mit der Hasselblad kombinieren, aber der Gestank vom Fixierbad braucht kein Mensch mehr. #00:17:48-2#

Michel Sperlich: Jetzt ist das Ganze mit weniger Chemie und ein bisschen gesünder. Du bist hier mitten in dieser Nahregion verwurzelt, und du machst auch ganz viele Landschaftsaufnahmen. Die Panoramen hatten wir schon, auch dass du für Museen Sachen gemacht hast. Das alles ist aufwendig. Die Frage ist, ob es wirklich heute noch so kostspielig ist, oder ist das auch etwas, wo die Leute denken, dass das bestimmt ganz teuer ist, es aber gar nicht so schlimm ist. #00:18:22-0#

Walter Lhotzky: Bei den Landschaftsaufnahmen? #00:18:23-5#

Michel Sperlich: Bei den Panoramaaufnahmen hauptsächlich. #00:18:27-0#

Walter Lhotzky: Die Panoramaaufnahmen kann man so oder so machen. Man kann die mit einer einfachen, relativ günstigen Kamera mit einem Rutsch machen. Man kann die aber auch aus rund 13 Aufnahmen zusammensetzen und den Boden vollkommen rekonstruieren, wo eigentlich das Stativ der Kamera ist. So mache ich es, weil ich einen gewissen Anspruch habe. Es soll zu sehen sein, dass ein Unterschied da ist zu dem, was zum Teil im Netz angeboten wird. Mein Steckenpferd ist das Nahtal- Panorama, wo ich die Aufnahmen von der Quelle bis zur Mündung nah durch fotografiere. Das sind jetzt schon circa 20 Abbildungen, interaktive Kugelpanoramen mit Filmen und Bildern und Informationen. Das wird aber ständig noch weiter ergänzt. #00:19:20-4#

Michel Sperlich: Das hast du vorhin schon gesagt. Du hast über 30 Jahre Erfahrung im Business. Du hast auch schon vieles erlebt. Die Branche ist auch im Wandel. Jetzt machen moderne Kameras alles von alleine. Ich sage jetzt einmal in Anführungszeichen, dass jeder mit seinem Smartphone bereits ein Ausnahmetalent ist. Damit glaubt auch jeder im Prinzip, dass er das alles machen kann. Viele sagen: „Dafür brauche ich keinen Profi mehr. Das mache ich selber.“ Aber dennoch gibt es einen Unterschied zwischen diesen Bildern, wie ich aus deinem Anspruch entnehme. Wie setzt du dich gegen diese Flut der Aufnahme durch, um dich auch qualitativ abzusetzen? . #00:20:09-3#

Walter Lhotzky: Für die Hobby-Fotografie oder für Erinnerungen und so weiter ist das Smartphone super geeignet. Man hat es immer dabei, es hat eine tolle Qualität, wovor ich Angst habe, dass da eine neue Ästhetik entsteht. Wahrscheinlich ist es schon entstanden, was Porträts angeht. Ich habe gesehen, dass Wahlplakate mit Selfies gemacht wurden. Die Leute haben Gesichter wie mit einem Fischaugenobjektiv, weil der Abstand viel zu kurz ist, wenn man sich selbst mit dem Smartphone fotografiert. Wenn man es von einem machen lässt, ist es auch nicht viel besser. Wenn dieser Unterschied nicht mehr gesehen wird vom Kunden oder vom Betrachter, dann haben wir wirklich ein Problem. Der Unterschied wird immer weniger gesehen, aber man kann nicht alles aufhalten. Ich kann nur versuchen, einen Unterschied zu bringen. #00:21:02-7#

Michel Sperlich: Es ist im Wandel. Man muss sich im Wandel dynamisch mitverändern. Wo siehst du die Haupt-Mehrwerte für Kunden, zum Profi zu gehen? #00:21:14-1#

Walter Lhotzky: Der besteht darin, dass der Profi dem Kunden zusagen kann, was er wann bekommt. Der muss nicht herumbasteln, wenn ein komisches Maschinenbauteil, das man vorher nie gesehen hat, eine seltsame Weinflasche oder Situationen, wo zum Beispiel etwas mit Bewegung und Funken fotografiert werden soll. Ein Profi weiß sofort, was er zu tun hat. Da wird nicht herumgefuhrwerkt, da wird gleich geliefert. Oft ist es auch so, dass der Kunde zu mir kommt und Bilder braucht, aber noch gar nicht genau weiß, was er braucht. Da geht es darum, dass man sich zusammen die Produkte anschaut und überlegt, wo der Vorteil und die Ästhetik liegen. Was will ich zeigen? #00:22:08-7#

Michel Sperlich: Du bist auch beratend tätig. #00:22:10-9#

Walter Lhotzky: Ganz genau. #00:22:11-7#

Michel Sperlich: Teilweise natürlich konzeptionell. Bleibenwir bei dem Beispiel Unternehmensbegehung oder so etwas. Da bringst du auch Sachen ein, in Bezug auf was man braucht. #00:22:23-9#

Walter Lhotzky: Ja, ganz genau. Weil, wenn man in der Firma arbeitet, wie der Kunde jetzt zum Beispiel, und die Firma zeigen will, dann ist er selbst schon betriebsblind und sieht manche Dinge gar nicht. Wenn man dem Kunden dann etwas vorschlägt, kommt es meistens gut an. Das ist auch sehr wichtig für Firmenporträts. Ich muss manchmal Internetseiten von Firmen sehen, die toll gestaltet sind, mit einer tollen Grafik und tollen Texten, aber wo die Bilder offensichtlich, wo wir wieder beim Smartphone wären oder noch schlimmer, ganz schlecht sind. Das macht alles kaputt. Wenn eine Firma, die etwas leistet, so eine Außendarstellung hat, ist das schade. Das tut weh, und unterschwellig sieht das auch der Verbraucher, auch wenn man das nicht auf den ersten Blick erkennt. #00:23:26-4#

Michel Sperlich: Die Webseite ist heutzutage der erste Blick auf ein Unternehmen. Eine Firmenbroschüre gibt es kaum noch, beziehungsweise gibt es sie schon noch, aber auf Zuruf. Aber in der Regel geht man, wenn man sich für eine Firma oder eine Dienstleistung interessiert, auf die Webseite. Da geht es darum, wie die gestaltet ist und wie sie herüberkommt. Dieser erste Blick ist ganz wichtig, und der prägt auch schon den Besucher. Von den Fotos gibt es immer Rückschlüsse darauf, wie die Dienstleistung, die Produkte oder die Qualität der Arbeit sind. Deswegen ist es ganz, ganz wichtig, dass diese Außendarstellung in allen Bereichen, nicht nur in Grafik und Text, sondern auch in der Bildwelt gut ist und sich auch abheben soll. Das Individuelle ist etwas, was mich vom Mitbewerber abhebt. #00:24:35-7#

Walter Lhotzky: Richtig. Jetzt mach einmal einen Online-Shop auf, wo jedes Bild offensichtlich aus einer anderen Quelle oder mit einer anderen Kamera oder wie auch immer anders fotografiert ist. Oder, wenn man die Produkte zusammen hat und auf eine Art und Weise anständig fotografiert. Das ist ein ganz anderes Bild, wenn du so ein Mosaik von Produkten auf einer Seite vor dir hast, wo das eine Bild einen Cyanstich hat, das andere zu dunkel ist und das andere zu hell ist. Das tut auch weh. Da hat man als Verbraucher kein gutes Gefühl. Das sieht billig und schäbig aus. #00:25:15-2#

Michel Sperlich: Da sind wir wieder bei den Kosten. Jeder fragt sich, ob Fotografie heute eigentlich noch teuer ist, oder ob sich dieses hochwertige Foto schnell für den Kunden bezahlt. #00:25:31-6#

Walter Lhotzky: Das hoffe ich sehr, dass ich das schnell bezahlt macht. Die Preise gehen nicht unbedingt nach oben in unserem Handwerk. Wir müssen uns dem Kunden auch anpassen. Aber wenn der Kunde das Endergebnis sieht, dann hab ich noch nicht erlebt, dass einer sagt, dass er das woanders viel billiger haben könnte. Dann ist die Überzeugung da. Aber es ist manchmal schwierig. Man gibt zum Beispiel einem Kunden, der sich nach zehn Jahren meldet und sagt, dass man wieder etwas für ihn tun könnte, ein Angebot und dieser antwortet ein paar Tage später, dass es billigere Anbieter gibt. Das tut weh, weil man weiß, dass man nicht zu hohe Preise macht. Das ist reale Arbeit, die dahinter steckt. Ich frage mich dann, wo er hingegangen ist. #00:26:25-9#

Michel Sperlich: Du hast auch für uns schon gearbeitet, und da kann ich mich auch einfach immer nur daran erinnern, dass das ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ist. Gerade beim Thema Schnelligkeit. Das hast du auch vorhin gesagt. Wenn du bei einem Kunden warst und Aufnahmen gemacht hast, dann hattest du entweder am selben Tag oder am nächsten Morgen die fertig bearbeiten Fotos und konntest mit unserer Gestaltung weitermachen. #00:26:51-2#

Walter Lhotzky: Das ist auch bares Geld. #00:26:53-0#

Michel Sperlich: Wenn wir in die Anfänge wieder zurückgehen, wir hatten hier schon die Großbild-Fotografie, da war schon ein Klick richtig teuer. Es gab das Negativ, die Entwicklung. #00:27:05-9#

Walter Lhotzky: Davon konnte man schon essen gehen. #00:27:07-3#

Michel Sperlich: Das ist auf jeden Fall etwas, was es durch die Digitaltechnik und dem einfacheren Filmmaterial billiger gemacht hat. #00:27:18-4#

Walter Lhotzky: Da wären wir wieder beim Anfang der digitalen Fotografie. Als ich in meiner Kundschaft publik gemacht habe, dass es jetzt bei mir digital läuft, fragten sofort alle, ob es auch billiger ist. Dass ich erst einmal einige tausend Euro oder damals noch D-Mark investiert habe, das hat keinen interessiert. #00:27:39-6#

Michel Sperlich: Was heute auch oft nicht bedacht wird, ist, dass du es auch archivieren und das Backup vom Backup machen musst. Früher hast du vielleicht in einem trockenen Raum in einer Kiste die Negative über zig Jahre aufgehoben, während du heute ab und zu eine Festplatte tauschen musst oder daran denken musst, dass die Sachen nicht nur an einem Ort sind. Das ist etwas, was du im Hintergrund auch machst, weil gerade der Kunde, der sich nach zehn Jahren meldet, garantiert das Foto nicht mehr hat, weil er schon drei Rechner gewechselt hat. Er wird anrufen und sagen: „Herr Lotzki, haben Sie noch das Bild von damals? Schicken Sie es mir.“ Dann holst du das aus dem digitalen Archiv und kannst es ihm wieder zur Verfügung stellen. Das sind auch noch im Hintergrund laufende Kosten, die man berücksichtigen muss. #00:28:34-0#

Walter Lhotzky: Die sollte man berücksichtigen, aber die kann ich nicht berücksichtigen. #00:28:38-0#

Michel Sperlich: Das gilt für die Kunden, dass sich in einem professionellen Studio darüber auch Gedanken gemacht wird und dass über Jahre diese digitalen Bilder zur Verfügung stehen. Ein Amateur hat alles auf seinem Laptop, und wenn das explodiert, ist alles weg. Das ist das, was in einem Fotostudio nicht so sein sollte, und bei dir ist es auch nicht so. Das sind auch noch Punkte der Professionalität, die selbstverständlich sind, aber vielleicht nicht für jeden transparent draußen sichtbar sind. #00:29:16-8#

Walter Lhotzky: Es hat auch eine gewisse Archivfunktion, fast museal, wenn man sieht, wie manche Geräte, die man vor 15 Jahren fotografiert hat, heute aussehen. Das ist für den Kunden auch interessant. Ich werde immer wieder angerufen, dass ich einen Durchmesser ausmessen soll und so weiter. Das kommt schon vor. #00:29:41-4#

Michel Sperlich: Wir haben aber auch immer mehr Sachen, die dazu kommen. Durch KI werden Fotos nicht mehr gemacht, sondern errechnet. Da wird gar keine Kamera mehr benötigt. Du machst eine Beschreibung, und der Bot erstellt dir ein Foto. Wie bist du für die Zukunft aufgestellt? Was ist der Plan? #00:30:09-5#

Walter Lhotzky: Ich habe direkt keine Angst vor der KI. Ich bin aber auch kein Hellseher. Ich weiß nicht, wo es hingeht, aber im Moment habe ich keine Berührungspunkte damit. Fotomontagen, wie über einem Hotelkomplex einen tollen Himmel zu zaubern, das macht die KI. Das kann ich aber auch machen, dazu brauche ich keine KI. Solche Dinge sind auch so möglich. Ich werde aber nach heutigem Stand niemals ein Foto von einer KI machen lassen, weil es an mir vorbeigeht. Es kann vielleicht sein, dass ich in manchen Bereichen weniger Aufträge habe, aber die Bereiche, die die KI betrifft, ist eigentlich nicht mein Klientel. Wenn Leute ihre Produkte fotografieren lassen wollen, kann eine KI nicht helfen. Höchstens das Rendern. Das gibt es heute schon eine gewisse Konkurrenz. Aber ich bekomme oft gerenderte Bilder, wo ich denke, dass das aalglatt fotografiert aussieht, es aber nicht fotografiert ist, sondern fotorealistisch aussieht. Trotzdem brauchen die Leute Bilder davon. #00:31:23-6#

Michel Sperlich: Da hast du natürlich recht. Real existierende Produkte oder Porträts von Menschen oder Ähnliches kann man der KI nicht beschreiben. Da gibt es kein gutes Ergebnis. #00:31:36-8#

Walter Lhotzky: Ich kann mir höchstens vorstellen, wir machen oft Gruppenfotos von Firmen oder von Ministerien und so weiter, und dann kommt es immer wieder vor, dass eine Person wegen Krankheit oder Urlaub nicht dabei ist, dass man die in das Foto herein setzt. Aber ansonsten habe ich mit solcher Arbeit überhaupt nichts zu tun. #00:32:08-4#

Michel Sperlich: Wie gesagt, wir können nichts dagegen machen. Wir müssen einfach nur aufgestellt sein und schauen, wo wir weiter die Dienstleistung anbieten können. Die Qualität muss aufrechterhalten werden, und dann wird es für gute Fotografie oder Gestaltung auch immer einen Markt geben. #00:32:28-1#

Walter Lhotzky: Das ist nichts anderes wie der Umschwung von der analogen zur digitalen Fotografie. Da hat man mir auch manchmal gesagt, dass man keine Fotografen mehr braucht. Das ist absoluter Quatsch. Wir haben viel mehr zu tun, was das Bild angeht. Früher habe ich ein Dia entwickelt, habe es abgegeben und es war erledigt. Heute muss ich jedes Staubfizelchen selbst wegmachen und die druckreifen Bilder weiterschicken. Damit hatte ich früher nichts zu tun gehabt. #00:32:57-8#

Michel Sperlich: Es bleibt spannend und wir sind immer für Innovationen offen. Walter, lass uns herausgehen. Du arbeitest hier wirklich an einem herrlichen Fleck in der Erde. #00:33:14-0#

Walter Lhotzky: Das ist auch heute ein toller Tag. Es ist über 30 Grad, mit blauem Himmel. #00:33:18-0#

Michel Sperlich: Der Sommer ist wiedergekehrt. #00:33:21-9#

Walter Lhotzky: Er ist wieder da. #00:33:22-9#

Michel Sperlich: Ist das da drüben das Matterhorn? #00:33:27-9#

Walter Lhotzky: Da sind wir schon etwas weiter entfernt, aber das hier ist die Treuenfels, die Vorburg von der alten Baumburg, und die taucht bei mir oft bei astronomischen Aufnahmen als Vordergrund auf. Das ist auch ein Steckenpferd: Milchstraßen-Aufnahmen oder Sternspuren. Wir haben hier tolle, dunkle Himmel. Wenn die Burgbeleuchtung aus ist, dann ist der richtig toll. Die ist nur leider nicht immer aus. Lichtsmog nennt man das. #00:33:59-9#

Michel Sperlich: Ja, das stimmt. Aber das ist hier auf dem Land schöner, dass die Umgebung nicht so hell ist. Früher waren wir in Frankfurt oft in der Sternwarte, im Observatorium auch, und da war die Sicht immer so schlecht, dass wir immer gesagt haben: „Wir schauen uns den Henninger Turm an, wie die Leute Schnitzel sehen.“ Du konntest keine Sterne oder so etwas sehen, aber dafür war Frankfurt vor uns. #00:34:26-9#

Walter Lhotzky: Es wird immer schlimmer. Jeder beleuchtet seinen Garten nachts mit den LED-Leuchten. #00:34:32-0#

Michel Sperlich: Das ist Jahrzehnte her, aber da ging es schon nicht. Daher kann ich das wirklich gut verstehen, dass es dich immer wieder in die Natur zieht. Ist das auch Inspiration und Erholung für dich? #00:34:43-2#

Walter Lhotzky: Absolut. Wenn man stundenlang in der technischen Umgebung im Studio gearbeitet hat, mit künstlichem Licht, dann muss man herausgehen und sich wieder resetten. Entweder mit den Wanderstöcken oder mit dem Fahrrad, und das ist dann ein toller Ausgleich. Viele haben auch gesagt, wie man nur auf dem Land so ein Studio aufmachen kann. Ich bin vollkommen beweglich. Heutzutage bekomme ich von allen Seiten die Sachen, die fotografiert werden sollen, angeliefert. Es gibt mittlerweile Paketdienst, und von Belgien bis Schweiz oder Österreich haben wir schon Aufträge angenommen. Das ist also auch kein Problem. Wenn ein Kunde Filialen hat, oder man kennt jemand aus dem Land, dann ergibt sich das, und das machen wir auch gerne. #00:35:33-7#

Michel Sperlich: Mein Lieber, ich danke dir wirklich für deine anregenden Einblicke in das Studioleben hier und deine Foto-Philosophie. Schön, dass wir vorbeischauen durften. #00:35:48-3#

Walter Lhotzky: Gerne. #00:35:48-8#

Michel Sperlich: Herzlichen Dank noch einmal, und dann lass uns jetzt eine Flasche Nahewein öffnen und den Abend schließen. #00:35:56-0#

Walter Lhotzky: Die steht bereit. #00:35:57-4#

Michel Sperlich: Dann geht es weiter bis zur nächsten Folge von online design. #00:36:03-3#

Walter Lhotzky: Super! #00:36:03-9#

Michel Sperlich: Das gute Fläschchen ist eine tolle Sache. #00:36:14-7#

Walter Lhotzky: Jetzt kommt der Lohn. #00:36:17-3#

Michel Sperlich: Jetzt kommt der Lohn. Ich habe schon überlegt, wie lange das noch dauert. #00:36:29-4#

Walter Lhotzky: Vielen Dank, dass du da warst. #00:36:36-9#

Michel Sperlich: Ich danke dir. Prost! #00:36:39-1#

Walter Lhotzky: Prost! #00:36:39-2#

Michel Sperlich: Dann sage ich nur noch bis zur nächsten Folge. #00:36:43-7#

Walter Lhotzky: Gerne. Tschüss. #00:36:44-6#